ZWEITER TERMIN: 17.3.2021, 945 – 1115
Zu Beginn geht Prof. Amann eine Literaturliste durch.
Die Bücher sind für Interessierte, für die Prüfung reicht die Mitschrift plus die Powerpoint-Folien, wenn auch Zusatzkenntnisse willkommen sind, z. B. jemand eines der Bücher daheim hat. Alle sind in der Universitätsbibliothek und/oder der FB Alte Geschichte zu bekommen. Entlehnungen sind bereits möglich.
Gegliedert ist die Liste nach folgenden Gesichtspunkten
- Phöniker
- Karthager/Punier und Karthago
- Karthago und Rom
- Grabungsberichte/Punier in Italien
Da keines der Bücher Pflichtstoff ist, schreibe ich sie auch nicht ab.
Ich nenne jedoch auf der Folie abgebildete und extra erwähnte Bücher, ggf. mit Kommentar
(Meine Punologie-Lieblingslisten sind offline, da amazon diesen Dienst eingestellt hat, ein guter Teil der Liste waren auch dort enthalten, so die ersten vier abgebildeten, unter meinem Namen lassen sich aber Rezensionen mit amazon.de, books.google, mit Stichwörtern wie Phöniker, Phönizier, Karthago… ergoogeln mit den konkreten Angaben zu den Büchern.)
Abgebildet:
- Markoe
- Moscati, Die Karthager
- Huß, Karthager, HAW
- Ameling
Wichtig:
- Moscati, Phöniker, Ausstellungskatalog Palazzo Grassi Venedig, 1988, in diversen Sprachen
- Markoe, Phönizier, 2003, guter Überblick
- Moscati, Die Karthager, 1996
- KLASSIKER UND GRUNDLAGENLITERATUR: Huß, Geschichte der Karthager, HAW III.8, 1985 (ist teilweise auf google books einzusehen, ggf. auch für andere Bücher dort oder „Blick ins Buch“ oder Leseproben bei amazon oder anderen Plattformen vorhanden, etwa für Zusatzstoff in der Prüfungḥ)
o Dazu Sonderausgabe mit dem reinen Text: Die Karthager, Beck-Verlag, zuletzt 3. Auflage 2004
o Taschenbuchausgabe, nur grober Überblick: Karthago, Beck, zuletzt 4. Auflage 2008
- Lancel, Carthage, Englisch 1995, Französisch 1992
- KLASSIKER FÜR DIE INNERE STRUKTUR, Ameling, 1993
- Hannibal ad portas, Ausstellungskatalog Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 2004, von Prof. Amann empfohlen, u. a. wegen des Bildmaterials
- Hoyos, Carthaginians, 2010, solid
- Miles, Carthage Must Be Destroyed
- SOLIDE!!!!! Zimmermann, Karthago, 2010
- Hoyos, Companion to the Punic Wars, 2011
- Benichou-Safar, Les tombes puniques, 1982
- Barreca, La civiltá fenicio-punica in Sardegna, 1986
- Moscati, Karthager, 1996
- Moscati, Sardegna punica, 1986/1995
- Bagnall, Rom und Karthago
Folie: Die Anfänge Karthagos:
Die Handelsrouten-Karte aus der ersten Vorlesung
Neu: Eric Garba, Wikicommons, Tunis Gulf topo map
Qart ḥadašt/Karchedón/Carthago
Die phönikische Kolonisation konzentriert sich anfänglich auf den Golf von Tunis
Klimatisch relativ gemäßigt, landwirtschaftlich nutzbar, regnet
Vor allem, weil der Golf von Tunis günstig gelegen ist für den Zentralmittelmeerraum
Nicht weit
- Westsizilien, sehr rasch erreichbar
- Sardinien, metallreich, sehr rasch erreichbar
- Mittelitalien, Eisenerz der Etrusker
Laut Überlieferung war die erste phönikische Kolonie der Region Útica (latinisierte Form des phönikischen Namens), griechisch Iτύκη
Auf einer Landzunge
Meeresnähe, auf der Westseite des Golfs
Heutige Situation ganz anders, verlandet
Durch den Flusslauf, der das Landesinnere erschließt
Gegründet laut Überlieferung von Tyros um 1100 ähnlich wie Gadir/Cadiz, sehr alte Gründung laut Plinius, Naturalis Historia 16, 216 und Velleius Paterculus , Historia Romana I, 2 = 80 Jahre nach dem Trojanischen Krieg, den antike Autoren um 1200/1100 angesetzt haben
Funde in der Nekropole stammen aus dem 8. Jh.
Gründungsdatum fraglich oder bezieht sich nur auf die Vorkolonisation
KARTHAGO weiter südlich im Golf von Tunis
Spätes 9. oder frühes 8. Jh. der Überlieferung nach von Tyros
Qart ḥadašt bedeutet neue Stadt
Griechisch Καρχηδών
Lateinisch Carthago, davon leitet sich die moderne Bezeichnung ab
Programmatischer Name = bewusst angelegte Kolonie
Andere Städte dieses Namens in Zypern, Sardinien, Südostspanien/heute Cartagena
Die Gründe für die Gründung etwas unklar, da dort schon eine andere Kolonie, Utica (die Alte (Stadt), das macht nur Sinn, wenn man sie erst nach der Gründung Karthagos so genannt hat).
Die Luftlinie Utica-Karthago beträgt 30 Kilometer, eine antike Schiffstagereise entfernt, damals die komfortabelste Reiseart
Keine großen Metallvorkommen im Hinterland
Im Wesentlichen verkehrstechnisch
Die Region ist ein wichtiges Scharnier für Verbildungen nach Osten und nach Westen
Vermehrter Kontakt zu den Einheimischen (Ressourcen aus dem weiter entfernten Hinterland, mit diesen getauscht, Karthago handelt die Waren als Zwischenhändler weiter oder bearbeitet sie)
Sehr gute topographische Bedingungen für eine phönizische Siedlung und vor allem einen Hafen
Im Golf von Tunis eine Bucht im Inneren des Golfs, die guten Schutz auch vor den starken und unangenehmen Winden aus dem Norden, Nordosten, Osten und Westen bietet
Genügend landwirtschaftlich nutzbares Hinterland
Gelegen auf einer Art Halbinsel
Im Norden eine Lagune
Folie: Zimmermann, Karthago, S. 9
Earthobservatory.org site_of_carthage_tunisia
Hafen/Hellenistische Häfen und Golf von Tunis, Luftbild
Süden: See von Tunis, gute Möglichkeit für die Anlage eines Naturhafens
Westen/Nordwesten/Norden der Stadt mit Landwirtschaftszone „Mégara“ in den antiken Quellen genannt, später breitete sich das Siedlungsgebiet der Stadt auch hierher aus
Heute Villenvorort Carthage von Tunis
Für Feinde schwer zugänglich
Gegraben vor allem von Deutschland (Niemeyer), viel natürlich von Frankreich, weiters USA und Großbritannien
Archäologische Situation schwierig, Wissenschaft leidet darunter
Grabungen im 19. und 20. Jahrhundert
Frühere schlecht dokumentiert
Gründungsdatum
Philistos von Syrakus FGrHist 556 F 47 kurz vor dem Trojanischen Krieg ca. 1215, kein historisches Gewicht
Timaios von Tauromenion/Taormina an der Ostküste Siziliens:
apud Dion. Hal. 1, 74, 1, im 38. Jahr vor den ersten Olympischen Spielen = 814/13
Menándros von Ephesos (wichtige österreichische Ausgrabungen), angeblich 2. Jh., bei Flavius Josephus Contra Apionem I 116 – 126: 7. Jahr der Herrschaft von König Pygmalion = 155. Jahr nach Beginn der Königsherrschaft von Tyros, 825/813. Menandros verwendete angeblich eine tyrisch-phönikische Stadtchronik, Menandros übersetzte diese angeblich ins Griechische, Teile davon bei Flavius Josephus. Die Königsliste von Tyros: in den Quellen gibt es kleine Abweichungen, bei der Umrechnung erhält man den genannten Zeitraum. ORIENTALISCHER ÜBERLIEFERUNGSSTRANG genannt, da eine orientalische Quelle genutzt. Gründung letztes Viertel 9. Jh. passt auch zu Timaios und anderen antiken Autoren
25 antike Autoren liefern Gründungsdaten für Karthago, verschieden ausführlich und verschieden deutlich
Verschiedene Überlieferungsstränge und verschiedene Gründungsdaten nicht ungewöhnlich bei gewachsenen Städten, kommt auch bei Rom vor
Karthago unter anderem für die antiken Autoren älter als Rom (klassisches Gründungsdatum 753).
In der Antike ist in der Regel die ältere Stadt auch die prestigeträchtigere, daher nennen die antiken Autoren oft ein älteres Datum, wenn man die Stadt positiv darstellen wollte)
Es gibt Versuche, unter anderem von Cicero, Karthago jünger als Rom zu „machen“, aber in der Regel ist in den antiken Quellen Karthago die ältere
Gründungsmythos
In späterer Zeit detaillierter ausgearbeitet
Eine Frauenfigur spielt eine wichtige Rolle, die tyrische Prinzessin Elissa (latinisierter phönikischer Name), später in Überlieferung Dido
Laut Überlieferung Tochter des Königs Mútto
Frauen als Stadtgründerinnen in der Antike sehr selten
Historischer Gehalt umstritten
Streitigkeiten im tyrischen Königshaus
Bruder Pygmálion nach dem Tod von Mutto König, ist eifersüchtig auf den Ehemann gleichzeitig Onkel Elissas, der sehr reich war, und lässt ihn töten, da es Pygmalion auf dessen Geld abgesehen hatte
Elissa ergreift die Flucht zur See über Zypern nach Nordafrika mit den Reichtümern ihres Mannes und zahlreichen bedeutenden Männern/“Senatoren“, die Feinde des Königs sind
Eindruck einer (auch) politisch motivierten Flucht, keine ausschließlich wirtschaftlichen Gründe
Heiligtümer (sacra) des Melkart mitgenommen
Landen im Golf von Tunis
Dort kauft Elissa von den Einheimischen, die auf regen Tauschhandel hoffen, ein kleines Stück Land, dort wird Karthago gegründet
An der ursprünglich geplanten Stelle beim Gründungsritus ein Ochsenschädel beim Graben gefunden, der wurde als schlechtes Omen gedeutet (prosperierend, Versklavung, Abhängigkeit = Ochse zieht den Pflug). Die Gründung wird verschoben und der Gründungsritus an einer anderen Stelle wiederholt, dort wird ein Pferdeschädel gefunden (kriegerisch, mächtig)
Uticenser waren auch erfreut über die neuen Kolonisten, Ehrerbietung für Elissa und bieten Waren zum Tausch an
Oft in der Überlieferung Verweis auf die eigentliche Motivation der Phöniker = Tausch
Dido/Deido ist der afrikanische Name, die Herumirrende laut Überlieferung
Quelle Menander/Flavius Josephus umstritten
Ausführlichste Quelle: Justin (3. Jh. NACH Chr.), angeblich Zusammenfassung von einem Werk von Pompeius Trogus/Augusteische Zeit/Zeitenwende
Augusteische Zeit: Vergil, Dido in Afrika Verknüpfung mit der Flucht des Aeneas nach Westen/Landung in Latium, Aufnahme bei Dido
Vergil, Aeneis I und IV, I, 340: Gründung durch Dido, liest sich mehr wie die Gründung einer römischen als einer phönikischen Kolonie, kein historischer Wert, das punische Karthago damals schon lange zerstört, es gab erste Aufbauversuche unter Caesar
Verschiedene Elemente:
A. Phönikische: Elissa, Tyros, Stopp in Zypern, Astarte-Riten, Sacra aus dem Melkarttempel,
B. Punische: Ochsen- und Pferdeschädel, eine angenommene Interpretation: auf karthagischen Münzen Pferdedarstellung Zimmermann, Karthago, Seite 61: Karthagische Goldmünze aus der Zeit des Ersten Punischen Krieges
C. Griechisch: Bύρσα
Die Einheimischen billigen ihr so viel Land zu, wie eine Rinderhaut umfasst. Dido schnitt diese in kleine feine Streifen, die sie aneinander band, und umschloss damit den Byrsa-Hügel, was ein größeres Gebiet umfasste als die Einheimischen geplant hatten („Trick der Königin Elissa“ genannt)
Die Erklärung liegt wahrscheinlich am Wort Byrsa. Bύρσα bedeutet im Griechischen Rinder/Ochsenhaut/leder. (Volksetymologie)
Ähnliche Tricks bei der Kolonisation und anderen Völkern soll die Überlegenheit einer ihrer Meinung nach höheren Zivilisation (Griechen, hier Phöniker) gegenüber Einheimischen zeigen
Die Erzählung wurde auf jeden Fall mehrfach überarbeitet, stetig neue Erzählungen und Elemente dazugekommen
Alle vorhandenen Quellen relativ jung, stark griechisch und römisch überarbeitet und ideologisiert, nicht ungewöhnlich
Ein historischer Kern ist möglich
- Gründung einer Kolonie durch Tyros
- Verweis auf die ältere Siedlung Utica
- Kolonisierung nicht geplant, Dido plante nur ein vorübergehendes Bleiben und wurde angeblich von den Kolonisten von Utica zur definitiven Gründung Karthagos überredet
Dido angeblich Freitod durch Selbstverbrennung auf dem Scheiterhaufen, legendenhaft, Erhebung in höhere/göttliche Sphären
Grund:
Ältere: will nicht den benachbarten einheimischen libyschen König Hiárbas heiraten, der wegen der Weigerung schon mit Krieg drohte, um den zu vermeiden, beging sie Selbstmord
Jüngere: Vergil: Trauer um den Abzug des Aeneas, er und Dido wurden ein Liebespaar, der seine Bestimmung erfüllen und daher nach Latium fahren muss, was für die Gründung Roms wichtig ist, daher muss er Karthago verlassen, Motiv der unglücklichen Liebe, später in Rom Erklärung für seine Feindschaft mit Karthago, war in der Antike nicht ungewöhnlich, ist unhistorisch
Elissa fortan als Göttin verehrt, aber ob es einen Elissa-Kult gegeben hat, ist unklar
Archäologie:
Spätestens seit den deutschen Ausgrabungen 1983 archaische Siedlungsreste v. a. östlich und südlich des Byrsahügels gefunden
Folie: Wittke – Olshausen – Szydlak (Hg), Historischer Atlas der antiken Welt, DNP Suppl. 3, 73a
Älteste archäologische Zeugnisse aus der 1. H. 8. Jh.
Spätes 9. Jh. noch nicht belegt, gegeben durch die literarische Überlieferung
Kein großes Problem
Besiedlungsbeginn schon früher mit noch nicht dauerhaftem Holz ohne archäologische Reste
Recht gut belegt
Raum um die Byrsa und die Byrsa selbst vielleicht das ursprüngliche Zentrum laut Archäologie
Dann folgen die Ebene und die meernahe Zone mit der antiken Stadt
Dann eine Reihe von Hügeln = Rücken der Stadt, schützen sie
Häuser orthogonales System = regelmäßig rechteckig östlich der Byrsa
Unklar ist die Ausdehnung nach Süden
Archäologie: Hinweis auf Metallurgie/Metallverarbeitung
Zerstoßene Purpurschnecken/Purpurfärberei = das klassische phönikische Handwerk
Auf der Byrsa wahrscheinlich ein erste Heiligtümer in Form einer Art Akropolis
Auch nicht mehr nachweisbar, denn die Hügelgruppe wurde für große römische Bauprojekte auf 56 Meter abgetragen, vor allem ab dem 2. Jh. NACH Christus für offizielle und sakrale Bauten, große Bauprojekte, höchstens noch im Abraumschutt etwas zu finden
Theoretisch: erste Siedlung wegen des Schutzes auf der Byrsa und dann in die Ebene übersiedelt oder sehr rasch ausgedehnt (die beiden Schädel)
Südhang der Byrsa: Nekropolen des 7. Jh., der entwickelteren Phase, wohl außerhalb der Siedlung damals, im 4./3. Jh. Handwerk offenbar an der peripheren Zone, im zweiten Siedlung stark angewachsen, Wohnsiedlung
Im Süden wahrscheinlich der Tóphet bzw. heilige Opferbezirk in der Regel am Rand einer phönikischen Siedlung, in der Regel am Rand üblich, jede phönikische Siedlung hatte einen
Älteste Frequentationsschichten 2. H. 8. Jh. älteste Funde
Berichon-Safar, Le tophet, Tafel XXV, www.asor.org Understanding Tophet Short
Markoe, Phönizier, S. 77
Nicolas Fauqué, http://www.imagesdetunisie.com/france/detail/27573-A02-079.html, Tophet-Keramik aus dem 8. Jh.
In einem Fall reiche Beigaben in Kinderbestattung
Phönikische Tonurnen, Brandbestattungen, 2. H. 8. Jh. auf gewachsenen Fels, 750 – 675 Periode I, vor allem vermutlich Bestattungen von (Klein)Kindern
Schmuck, phönikische Keramik, griechische Importkeramik, vor allem aus Euböa, Kettenglieder ägyptischer Amulette (Verbindungen nach Ägypten und Phönikien), kleine Elfenbeinobjekte, wohl relativ begüterte Oberschicht
In wenigen Fällen typische phönikische Vasenform mit typisch griechischer Dekoration, eventuell eine lokale euböische Werkstatt in Karthago – Zuwanderer verbindet Einflüsse miteinander
Ähnliches auch im Westmittelmeer auf Ischia
Euböa war in der griechischen Kolonisation des 8. Jh. sehr aktiv
Spricht für die Attraktivität der Stadt/des Standorts Karthago
Lage des archaischen Hafens unsicher, im Norden oder schon im Süden
8./7. Jahrhundert keine echten Hafenstrukturen aus Stein, Steinstrukturen für Hafenanlagen im Mittelmeer damals unüblich
4./3. Jh./Klassische Zeit im Süden
Sicher spätes 3. Oder 2. Jh. hellenistische Zeit große Anlage im Süden
2 Hafenanlagen, runder Kriegshafen im Inneren, vorgelagerter länglich-rechteckiger Handelshafen
Bei Tophet ganz im Süden
Etwas bessere Informationen haben wir zu den Nekropolen ab dem 7. Jh.
Nekropolen
- St. Monika
- Derméch
- Douímes
- Iuno im NW und N, ein griechisches Importgefäß aus dem 2. Viertel des 8. Jh, ist sehr früh, „Iunohügel“: woher die Bezeichnung kommt, ist unbekannt, aus dem 19. Jh., wohl keine wissenschaftliche Rechtfertigung, keine erkennbaren Verbindungen zu Iuno oder ihrem phönikisch-karthagischen Pendant
Zahlreiche Gräber und Funde aus dem 7. Jh.
Norden und Nordosten Körperbestattung (phönikisch-punisch), recht gut ausgestattet, für phönikische Verhältnisse reiche Gräber, aristokratische Oberschicht
Douímes, eine der größeren Nekropolen, in der archaischen Zeit 7/6 Jh.
früh ergraben
Über 1100 Gräber freigelegt, eine der größten des 7. Jh.
Unterschiedliche Zeitphasen
Schlecht dokumentiert, katastrophal für die Wissenschaft
Yada’milk-Grab
Besser dokumentiert
Genaue Lage unbekannt, nicht mehr auffindbar
Pläne und Umzeichnungen vorhanden
Zweites Viertel des 7. Jh./675 – 650
Mit regelmäßigen Steinplatten und Steinblöcken ausgelegte Grabkammer
2,50 m lang, 1,50 breit, 1,44 hoch, recht groß im Vergleich zu anderen in Karthago
Reiches Grab, 1894 entdeckt
Beschreibung
Grabkammer
Eingangstür
Decke wahrscheinlich mit Holzplatten, vermodert
Körperbestattung von einem Mann und einer Frau
Reicher Aristokrat und wahrscheinlich seine Gattin
Zahlreiche Grabbeigaben: zahlreiche Tongefäße, Reihe von typischen Amphoren, Yada’milk/Yada’melek (Sohn des Padai)
Typisch phönikische Trink- und Gießgefäße
1 griechisches Importgefäß = protokorinthische Kotýle, typisches Trinkgefäß wichtig für die Datierung, 2. Viertel 7. Jh.
Öllampe, ein Silbergefäß, kleine Goldschmuckteile
Ein kleiner Goldanhänge wichtig wegen Inschrift, 6zeilig, phönikisch, CIS I 6057, eine der ältesten Inschriften Karthagos, Anfang des 7. Jh., Interpretation umstritten, Anrufung von Göttern, von Astarte, ev. Pygmalion als Gott (sonst unbekannt)
Offenbar Inhaber des Grabes Yada‘milk
Weitere in den Douimes-Gräbern und Iuno-Gräber im N
Relativ reich ausgestattet: Elfenbein, Kämme, Fächergriffe, Gefäße aus Silber, Straußeneiergefäße
Orientalisierende Phase im Mittelmeerraum inkl. Karthago
Ähnliches in reichen Gräbern aus Etrurien
Vermittler der asiatischen Prestigeobjekte Phöniker
7. Jh. älteste bekannter Import aus Etrurien Bucchero (Schwarze gebrannte Keramik, typisch für Etrusker)-Amphore im Grab 6/Iuno
Grab 8 Iuno: Urne mit Grabinschrift, phönikische Inschrift zeitgleich mit Yada`milk
Im Süden südlich der Byrsa (Byrsa-Nähe) etwas über 100 Gräber freigelegt, schwierig, ganz unten unter der hellenistisch-punischen und römischen Stadt, wahrscheinlich dicht belegt
Relativ einfach im Vergleich zu den Gräbern im Norden, 7. Jh., zumeist Körperbestattungen
Im Gegensatz zum Norden und Osten
Materiell starke nivellierte Mittelschicht in urbaner Siedlung notwendig
Vor allem Keramikgefäße
Städtische Mittelschicht: Handwerker, kleine Händler
Wenige Brandbestattungen, zugereiste orientalische Handwerker
Datierung beruht häufig auf den griechischen Importen, im gesamten früheren Mittelmeerraum ganz wichtiger Faktor für Datierung
Quellen im 8/7. Jh. eher schlecht dokumentiert
Literarisch nur Gründungsmythos, Epigraphik sehr wenige Inschriften (2 Beispiele genannt)
Archaisches 7. Jh. Gesellschaft mit stabiler Hierarchie laut Archäologie
Ganz klar sich absetzende Oberschicht, Einbindung in den mediterranen Handel (griechische Importe, Präsenz griechischer und orientalischer Handwerker, Beziehung zum reichen Etrurien)
Bescheidene urbane Organisation
Verbindung zu Tyros
Koloniegründungen politisch und verwaltungstechnisch sehr wahrscheinlich der Gründungsmetropole untergeordnet, Gegensatz griechische Kolonien, die politisch autonom sind, eine kulturelle Bindung besteht auch hier.
Abgabepflichten
Bei der Eroberung einer Mutterstadt durch Fremdherrscher werden Kolonien in die Tributpflichten einbezogen
Die Kolonien tendieren zur Verringerung der Tribute und Abhängigkeiten
Quellen: Regelmäßige Gesandtschaften nach Tyros am Anfang einmal jährlich zum Tempel des Melkart/Herakles
Ein Zehntel der Staatsausgaben/üblicher Zehent
Religiöse und wirtschaftliche Verbindung mit Tyros, für die Mutterstadt deutlicher Profit
Bindung wird schwächer
Karthago wird immer wichtiger und eine zentrale Siedlung im Westmittelmeer
Schwächung der Metropolen in Phönikien durch die militärisch-politischen Ereignisse dort
Ab Mitte des 6. Jh. zahlt Karthago wahrscheinlich kaum mehr Abgaben -> politisch und wirtschaftlich autonom
Ab 7. Jh. eigenständige politische und kulturelle Entwicklung, Karthager als eigene Größe sinnvoll und gerechtfertigt, deutliche Unterschiede zu Phönikien, Vermischung mit den einheimischen Libyern, Namensmaterial klar, Bevölkerung von Karthago hat eigene Note, Unterschied zu phönikischen Städten
Punier von lateinisch Poenus für phönikisch(stämmig)e Bevölkerung Nordafrikas und Kolonialgebiete vom Zentral- und Westmittelmeerraum, ab dem späten 6/5. Jh. auf jeden Fall sinnvoll und angebracht
5. Jh. eigene Sprache Punisch, phönikische Sprache mit lautlicher Sonderentwicklung, für Sprachwissenschaft sichtbar und gerechtfertigt
DIE TONDATEI WURDE EIN ZWEITES MAL ABGEHÖRT UND DIE MITSCHRIFT OPTIMIERT