3.
11.2009
ANFÄNGE
KARTHAGOS
Laut
der antiken Überlieferung beginnt die Geschichte Karthagos im 12. Jahrhundert
v. Chr.
Prokoloniale
Phase (Händler, Erkundungen), günstigste Plätze gesucht. Kontore…)
9.
Jahrhundert v. Chr. Kolonisation
Mógador,
Marokko, Insel, archäologisch erwiesen
Golf
von Tunis:
Auch
in der Antike klimatisch begünstigt
Landwirtschaftszone
Extrem
gut gelegen, zentrales Mittelmeer zu erschließen (Sizilien, Sardinien,
Etruskisches Mittelitalien)
1.Kolonie
Utica
Westseite
des Golfes auf einer Landzunge, heute verlandet, von Tyros aus gegründet laut
der antiken Überlieferung, sehr alt, angeblich wie Gadír gegründet um 1100 v.
Chr.
Herodot?,
Historien, 16. 216?
Memorabilia
auscult. des Aristoteles 134
Älteste
Funde im 7. Jahrhundert (Nekropole)
Siedlung
nicht entdeckt
1100
vielleicht erste Erkundung, Kontor, einfache Holzhäuser
30
Kilometer Luftlinie südlich davon
KARTHAGO,
gegründet spätes 9- oder frühes 8. Jahrhundert
Der
Überlieferung nach von Tyros aus
qart ḥadášt
Stadt neu
Griechisch
Karchdwn (Betonung: Akut auf dem Omega)
Lateinisch
Carthago
Name
vielleicht über aramäische Vermittlung eines phönikischen Namens
Programmatischer
Name, bewusst angelegte neue Kolonie
Mehrere
Qart Hadashts in Sardinien, Spanien, Zypern&
Gründe
für die Gründung nicht ganz klar, umso mehr, als es schon eine ältere
phönikische Kolonie in der Nähe gegeben hat (Utica)
Utica
grie. Itikh
Betonung
auf der ersten Silbe
Keine
Metallvorkommen in der Nähe
Nicht
an einem F汵獳⁷楥
Fluss
wie Utica gelegen
Vermutliche
Gründe:
Gute
verkehrstechnische Lage, Scharnier zwischen Ost- und Westmittelmeer
Sehr
geschützte Lage für einen Hafen, Golf stark geschützt vor nordostafrikanischen
Strömungen
Geeignet
für phönikische Siedlung
Landzunge,
Halbinsel d. h. möglichst vom Meer umschlossen
Kopien:
Kleiner
Kartenausschnitt Karthago und Umgebung, antiker Küstenverlauf
Utica,
Landesinneres heute
Karthago
Halbinsel, im Norden von Lagune begrenzt, im Süden See von Tunis
Einziger
Zugang im Westen durch Hügelkette gut geschützt
Karthago
hatte guten Kontakt zu den einheimischen libyschen Völkern
Möglicher
Grund für die Gründung: Handel mit den Libyern
Nordafrika
sehr reich
Zeigt
sich im Gründungsmythos
Das
antike Karthago liegt an der Stelle des heutigen Carthage, des Villenvorortes
nordöstlich von Tunis
Ausgrabungstechnisch:
Gegraben
wird seit dem 19. Jahrhundert (Frankreich, Deutschland = auch Siedlung), Großbritannien,
USA = Tóphet, Hafen)
Gründungsdatum
Verschiedene
Überlieferungen (nicht erstaunlich, auch beim besser dokumentierten Rom
verschiedene Daten, die über Jahrhunderte differieren).
Quellen:
Ungefähr 25 antike Autoren
3
große Erzählstränge, die die meisten Autoren verwenden
1.
Philístos von Syrakus, 5. Jahrhundert v. Chr.
Kurz
vor dem trojanischen Krieg, da. 1215/1200, kein historisches Gewicht, Versuch,
frühe Gründungen zu systematisieren und mit dem Trojanischen Krieg in Beziehung
zu setzen.
Sizilien:
Autoren naturgemäß großes Interesse wegen der Konfrontationen
Zwischen
2 und 3 gewisse Übereinstimmungen, benutzen Großteil der Quellen
2.
Timaios von Tauromenion/Taormina, Sizilien (4./3. Jahrhundert)
38
Jahre vor den ersten Olympischen Spielen 776 v. Chr., typische griechische
Jahresangabe
Und
Dionysios
von Halikarnassos, 1,74,1?
3.
Menándros von Éphesos, wahrscheinlich 2. Jahrhundert v. Chr., Stadtchronik von
Tyros vom Phönikischen ins Griechische übersetzt, verwendet von Flavius
Josephus für seine Werke im 1. Jahrhundert nach Christus, gegen Apion 1, 18
Karthago
angeblich im 155. Jahr nach Beginn der Königsherrschaft in Tyros = im 7. Jahr
des Königs Pygmalion = Quellen nicht einheitlich bei den Angaben der
Regierungszeiten der Herrscher, wahrscheinlich 825/820
„Orientalischer
Überlieferungsstrang“
In
den Quellen: Karthago älter als Rom, wenige anderer Meinung (u. a. Cicero:
patriotische Aussage), je älter eine Stadt in der Antike war, desto
prestigeträchtiger war sie.
Interessant:
Frauenfigur spielte eine zentrale Rolle: tyrische Prinzessin Elissa oder Dido
(letzterer im wesentlichen von Vergil verwendet).
Der
Name Elissa in älteren Quellen, echt phönikischer Name, gut beheimatet im
phönikischen Onomastikon
Tochter
eines tyrischen Königs Mútto, Bruder Pýgmalion, der nach dem Tod des Königs
dessen Nachfolger wird, Elissa verheiratet mit Onkel Sychaeus
Öfters
der nächste männliche Verwandte des Vaters geheiratet.
Der
Onkel ist sehr reich
Pygmalion
lässt seinen Schwager aus Neid ermorden.
Elissa
ertrug den Zustand eine Zeitlang, später flieht sie, da Pygmalion ihr Erbe vom
Ehemann haben will, über Zypern nach Nordfrika
Motiv
des Reichtums, des reichen Phönikers
Politisch
motivierte Auswanderung
Und
sacra am Melqarttempels (sakrale Legitimation einer Kontinuität an einem neuen
Ort)
Elissa
kauft Land
Die
Libyer sind freundlich, verkaufen Land, da sie am Handel mit den Phönikern
interessiert sind.
An
der ursprünglichen Stelle für die Anlage der Stadt findet sich ein
Ochsenschädel (bedeutet Prosperität, jedoch spätere Versklavung), daher wurde
ein anderer Ort für die Gründung gesucht, dort fand sich ein Pferdeschädel
(besonders günstiges Omen, große Macht, kriegerisches Volk), an dieser Stelle
erfolgte die Gründung Karthagos
Die
Phöniker aus Utica erweisen Elissa Ehrerbietung und bringen Waren zum Tausch
(auch bei den Einheimischen)
Der
afrikanische Name der Elissa ist Deido/Dido, sie hat neuen Namen erhalten (die
Herumirrende)
Menandros?
Längste
bei Justinos, 3. Jahrhundert n. Chr., 18, 4 – 6 (Zusammenfassung von Pompeius
Trogus,1. Jahrhundert/augusteische Zeit, Zusammenfassung eines Werkes über alle
Völker, auf ein Sechstel des Umfangs gekürzt)
Strang
von Vergil: Aeneas, Dido, augusteische Zeit (punisches Karthago längst
zerstört, nicht mehr existent). Schilderung bezieht sich eher auf das römische
Karthago, greift ältere Elemente auf, verknüpft Elissa mit Aeneas, dem
Vorfahren, der Rom-Gründer zum ersten Mal, vorher war dies völlig unbekannt,
ist reine dichterische Freiheit, beide wurden zu einem der größten tragischen
Liebespaare
Grund
gesucht für spätere Feindschaft zwischen Rom und KarthagoVerg. Aen. 1, 340ff.
(von Dr. Amann vorgelesen aus der Reclamausgabe).
Vgl.
mit der Justin-Stelle.
Aeneas
an der karthagischen Küste gelandet
Gatte
verschiedene Namen, u. a. Sychaeus
Pygmalion
Herrscher, besonders verrucht
Byrsa:
Haut des Stieres (Leser versteht Symbole)
Reich
an verschiedenen Elementen
Phönikisches
Element: Namen Pygmalion, Elissa, Tyros-Gründung, Stopp auf Zypern
(Astartetempel, heilige Prostitution)
Karthagisches
Element: Pferdeschädel (Pferdekopf Hauptzeichen karthagischer Münzen, Legende
vom Pferdeschädel nachträglich ausgebaut)
Griechisches
Element: Stierhaut (Überlieferung: Elissa kauft so viel Land für die Gründung
Karthagos, wie man mit einer Stierhaut umfassen? Kann, schneidet es in ganz
dünne Streifen, aneinandergereiht ca. 4000 m Durchmesser
Etymologie
von byrsa: búrsa: Haut eines Stieres/Ochsen, Leder
Býrsa:
Stadthügel von Karthago, Zentrum des hellenistischen und römischen Karthagos
Semitischer
Name nicht deutbar
Tricks,
mit denen Einheimischer hereingelegt werden mehrfach in der Literatur z. B.
Odyssee, soll Überlegenheit der Kolonisatoren zeigen
Stetig
angereichert
Vermutlich
historischer Kern
Verweis
auf das ältere Utica (schon vor der Gründung Karthagos existent)
Ort,
der nicht im vorhinein geplant war, zum Verweilen geplant, von Utica Gründung
vor Karthago überliefert
Tod
auf dem Scheiterhaufen: Entsprechung zu Herakles, Entwicklung in höhere Sphären
Vergil
4. Gesang Aeneis, Trauer um die Abreise des Aeneas
Andere:
Heirat mit libyschem Fürsten abgelehnt (Heirat oder Krieg)
Möglich:
Elissa-Kult in Karthago
Archäologie:
Seit
den deutschen Ausgrabungen 1983 sehr alte archäologische Siedlungsreste in
Karthago gefunden, vor allem östlich und südlich der Byrsa
Ebene
Zone, meernahe
Dahinter
Hügelkette u. a. Byrsa
Älteste
Siedlungen in der Ebene östlich der Byrsa, Hausgrundrisse, Steinbauten
Spätes
9. Jahrhundert: archäologisch nicht direkt belegt, aber wahrscheinlich, best.
Anlagen aus Holz
Zentrum
wahrscheinlich auch Byrsahügel selbst
Ausrichtung
der Häuser: Regelmäßigkeiten, rechteckiges regelmäßiges Straßensystem =
orthogonales („rechteckiges“) System, auch in Griechenland
Grabungsniveaus
des 8. Jahrhunderts
Metallurgisch:
Eisen
Purpurschnecken
Byrsa:
wahrscheinlich erste Heiligtümer in der Art einer Akropolis (erhöhte Lage),
gesamte Hügelgruppe von den Römern auf 56 m planiert und abgetragen im 2.
Jahrhundert nach? Christus, Befund zerstört.
Möglich:
älteste Siedlung
Frühes
8. Jahrhundert Siedlung in der Ebene (Legende: Ochsen- und Pferdeschädel)
Byrsa
ungünstig
Nektropole
des 7. Jahrhunderts
Byrsa
4./3. Jahrhundert Handwerkszone, Manufakturen
2.
Jahrhundert (hellenistische Zeit) Wohnquartiere
Im
Süden der Siedlung: Heiliger Opferbezirk
Tóphet
(Opferbezirk)
Am
Rande einer phönikischen/karthagischen Siedlung, zeigt maximale Südausdehnung
der Stadt
Älteste
Frequenz
3.
Viertel des 8. Jahrhunderts (750 – 25)
In
Tonurnen wahrscheinlich für Kinderbestattungen (siehe Urnen auf der Kopie)
Phönikisches
Keramikmaterial
Einige
reichere Funde, reiches Keramikmaterial, Schmuck (Ketten, ägyptische Amulette,
Elfenbeinerzeugnisse…) weisen auf eine begüterte Oberschicht hin
Griechische
Importe (Keramik aus Euböa in Mittelgriechenland, in der frühgriechischen Kolonisation
sehr aktiv) zeigen Kontakte zu griechischen Händlern
1
Amphore mit typisch phönikischer Form, jedoch griechischer Dekoration:
stilisierte Vögel, die auf Euböa hinweisen: lokale Werkstatt eines griechischen
Handwerkers aus Euböa in Karthago, der arbeitete für eine
phönikisch/karthagische Klientel in der Oberschicht, zeigt die frühe
Attraktivität des Standortes Karthago für die griechischen Händler und
Handwerker
Ähnlich
Etrurien
Unbekannte
Lage des archaischen Hafens (im Norden oder Süden?), früher Hafen keine
monumentalen Strukturen, somit praktisch nicht archäologisch nachweisbar,
monumentale Strukturen ab dem 5. Jahrhundert
Klassische
Periode: in Karthago im Süden beim Tophet
Wahrscheinlich
im 4. Jahrhundert neue Hafenbecken (Handels- und Kriegshafen)
Karthago
berühmt für seine 2 Häfen
Runder
Kriegshafen im Norden, rechteckiger Handelshafen im Süden durch die
US-Grabungen nachgewiesen
Nekropole:
Bessere
Informationen
Auf
den Hügelhängen hinter der Stadt (Byrsa, Iunohügel, Douimes)
Iunohügel:
Bezeichnung erst seit dem 19. Jahrhundert, keine wissenschaftliche Bedeutung
des Namens
Nekropole
Evidenzen nach dem 7. Jahrhundert relativ stark zunehmend vor allem im Norden
Reiche
Gräber (jetzt spätestens aristokratische Oberschicht)
Douimes-Norden
eine der großen archaischen Nekropolen
1100
Gräber freigelegt
Ende
des 19. Jahrhunderts, schlecht dokumentiert
Besser
? Grab, 1894 entdeckt, Eingangstür, Grabkammer 2,5 x 1,5 Meter, Höhe 1,44
Meter, innen mit weißem Stuck ausgekleidet, Holzdecke, 2 Erdbestattungen, reicher
Aristokrat mit seiner Frau, reichlich Essen und Trinken, korinthisches Gefäß
aus der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts, Schmuck aus Silber, Gold und
Halbedelsteinen, Goldanhänger oben rechts auf der Kopie mit einer phönikischen
Inschrift
Aus
Karthago Anfang des 7. Jahrhunderts
Passt
gut
Kettenanhänger
für den Mann
Interpretation
umstritten, gut lesbar
Anrufung
von Gottheiten (Astarte, Gott Pygmalion)
Yada´milk
(Grabeigner, Mann), Sohn des…
Name
bedeutet, dass es sich um einen wichtigen Mann handelt
Nekropole:
Elfenbein, Fächer, Kannen, Straußeneiergefäße
Typisch
für die orientalisierende Periode (Etrurien, Griechenland…)
Prestigeobjekte
für die Oberschicht, vermittelt von den Phönikern aus dem Orient
Urne
mit kurzer Grabinschrift zeitgleich mit Yada´milk 1. Hälfte 7. Jahrhundert
Nekropole
auf der Byrsa: 100 Gräber bekannt
Hellenistische
und römische Stadt
nur
vereinzelte Sondagen möglich
wesentlich
einfacher, nicht so schön ausgestattet (handwerkliche Mittelschicht)
alles
ungefähr auf gleichem Niveau (typisch für städtische Mittelschicht)
Keramikbeilegen,
nichts Teures
Einige
wenige Brandbestattungen (eingewanderte Orientalen, wegen besonderer
Fähigkeiten in Karthago integriert)
8./7.
Jahrhundert Quellen eher schlecht
Fast
nur Gründungsmythenliteratur
Wenige
phönikische Inschriften
Archäologie:
7.
Jahrhundert stabile Hierarchie
Bescheidene
urbane Organisation
Nächste:
6. Jahrhundert