Montag, 28. Oktober 2013

Amann Die Karthager 8. Einheit


12.01.2010

Prüfung am 2.2.2010, Modalitäten werden kommende Woche, 19.1. bekannt gegeben
Neues Handout wird ausgeteilt

Magos Werk über Landwirtschaft war so gut, dass der römische Senat eine Übersetzung ins Lateinische in Auftrag gab.

Handel eigentliche Quelle des karthagischen Reichtums

Karthago vor allem an Metall interessiert (Silber, Gold, Blei, Eisen)
Ausbeutung der Minen auch bei Bundesgenossen ausschließlich karthagisches Vorrecht (z. B. Minen in Spanien)

Münzwesen:

Prägung von Münzen im Vergleich zu Griechenland relativ spät

Früheste aus karthagischen Prägestätten aus Sizilien, hier war der griechischen Einfluss besonders stark, Ende des 5. Jahrhunderts
Silberprägung für Bezahlung der Söldner

In Karthago selbst ab dem 4. Jahrhundert Münzprägung

Der Handel war bis ins 4./3. Jahrhundert überwiegend Tauschhandel

RELIGION

Im westphönikischen/punischen Gebiet

Quellen: archäologisch, epigraphisch (Votivinschriften…), Literatur (deren Zeugnisse eher sporadisch, keine Übersicht, bruchstückhafte Einblicke z. B. Kinderopfer

Punische Inschriften in hoher Zahl, Aussagewerte gering (Votiv- und Weihinschriften), nur bestimmte Texte, wo Glaubensvorstellungen ersichtlich sind

Religiöses Leben ist nur in groben Zügen bekannt, jedoch war die Religion auch im Alltag wichtig

Grundlage und Ursprung in phönizischen Glaubensvorstellungen

Für Verständnis notwendig

Zum Teil auch punische Glaubensvorstellungen für Rückschlüsse auf phönikische nötig, da auch die phönikische Religion schlecht dokumentiert ist.

Es gibt auch karthagische Eigenentwicklungen

Aspekte von Göttern unterschiedlich betont und ausgearbeitet, Einflüsse der Nachbarvölker
Ägypten direkt oder indirekt über Phöniker
Griechenland auf Sizilien
Sarden/Nuraghenkultur in Sardinien

Polytheistisch, unterschiedliche Rangstufen der Götter

Götter und Menschen in Beziehung zueinander
Mensch: Ehrfurcht vor den Göttern, Ehrung durch Gebete, Opferhandlungen, Einhaltung der kultischen Vorschriften, wenn sich der Mensch ordentlich benimmt und die Riten eingehalten werden, sorgen die Götter für das Wohlergehen der Menschen

Arten der Götter:
Interpretatio Graeca bzw. Latina: Wie Griechen und Römer den jeweiligen Gott sehen = Gleichsetzung, durch die Brille anderer => Problem für Forschung

Oberster Gott zumindest in fortgeschrittener Zeit in Karthago selbst
Baal Ham(m)on:
Alte männliche Gottheit aus dem ostphönikischen Bereich
Gebieter des (Gegenstand, der mit Weihrauch zu tun hat z. B. Altar für Weihrauch, Räucherbeckens)
Abbrennen von Weihrauch, Düften und Essenzen
Feuergott, ursprünglich Sonnengott, auch Wettergott, oberster Gott seit dem 5. Jahrhundert
bärtiger Mann, Kopfbedeckung, auf einem Thron
Zeus oder Chronos (Vater des Zeus)
Jupiter oder Saturn
Schützer des karthagischen Staatswesens und der landwirtschaftlichen Fruchtbarkeit
Saturn Gott des Ackerbaues
Seit 4. Jahrhundert Verehrung mit Tánit

Baal Shamim (Herr des Himmels)

Tánit wahrscheinlich ausgesprochen als Tínit
Weiheinschriften zuerst teilweise Tinit und dann Baal Hammon genannt
Zentral für die menschliche Fruchtbarkeit oder Fruchtbarkeit der Natur
Tinit auch aus Phönikien (einige Inschriften aus dem ostphönikischen Bereich)
Aufstieg in Karthago im späten 5. Jahrhundert als Gefährtin Baal Hammons (Priester-/Bruderschaft neues Konzept)
Anrede als Antlitz des Baal, Herrin, Mutter
Offenbar religiös viele Funktionen
Mondgöttin, menschliche Fruchtbarkeit, Beschützer der Familien
Offenbar Menschen gegenüber wohlwollend
Verdrängt wahrscheinlich Astartekult an die 2. Stelle
Tanitsymbol
Kreis
Waagrechter Balken
Dreieck, auf der Spitze Kreis
Schwierig zu interpretieren
Kreis möglicherweise Mond
Ist die Figut menschlich?
Im Lauf der Jahrhunderte zunehmend anthropomorph dargestellt
Stele aus Lilybaeum auf dem Handout
Tanitzeichen genannt, da häufig auf den entsprechenden Stelen Tanit angerufen wird, jedoch ist die Zuordnung des Zeichens zu Tanit nicht hundertprozentig





Astarte im 5. Jahrhundert von Tanit verdrängt
Kult älter als der Tanitkult
Wichtigste weibliche Gottheit in Ostphönikien
Liebe, Fruchtbarkeit
Auch kriegerische Seite
Hera, Iuno, Uni (etruskisch)
Goldtäfelchen von Pyrgi
(eingehend von Dr. Amann besprochen)
5. Jahrhundert, etruskischer und phönikischer Text
Westphönikien von Bedeutung, daher Export nach Etrurien und Sizilien
Ganz berühmtes Heiligtum auf dem Berg Éryx
„Venus Erycina“ von der römischen Oberschicht gern besucht
Heilige Prostitution in Italien
Als Dienst an der Göttin betrachtet, Sklavinnen wurden angekauft, Prostitution an Gläubige gegen Geld, das an den Tempel geht
Im phönikischen und punischen Bereich
Hält sich bis in nachchristliche Zeit
Astarte auch in Mózia

Melqart/Mílqart
Wichtige Gottheit, oberes Pantheon
In Tyros wahrscheinlich oberster Gott
Melek qart König der Stadt (wahrscheinlich Tyros)
Auch in Karthago
Seit 6. Jahrhundert setzen ihn die Griechen mit Herakles gleich, mit Löwenfell dargestellt, im karthagischen Bereich übernommen
Schutz der kolonialen Ausbreitung
Schutz in Gefahr
Im punischen Kolonialbereich sehr verehrt
Großer Tempel in Gadir
Hannibal (Feldherr 2. Punischer Krieg) enge Beziehung zu Melqart

Eschmún
Wahrscheinlich aus Sidon, dort Hauptgott
In Karthago wichtiger Gott
In Inschriften Karthagos nicht erwähnt, nur in lateinischer und griechischer Überlieferung
Heilkunst
Asklepios
Großer Tempel auf Byrsa (diese Stelle von Römern abgetragen)
Prächtigster Tempel







Reshéf/Reshép
Alter phönikischer Gott
Wetter- und Kriegsgott
Apollo
Strahlend, jugendlich
Keine Kultinschrift (Karthago archäologisch nicht gut erforscht)
Plutarch, Vita des Flaminius
Große Goldstatue des Apollo im Tempel in der Nähe der Agora/des Forums
Nach der Zerstörung Karthagos 146 nach Rom übersiedelt
Ausländische Götter nach Rom übersiedelt, damit sie nicht verärgert sind

Weitere kleinere inschriftlich bekannte Gottheiten, teilweise fast nur Namen bekannt:

Baal Sapon, Herr des Berges Sapon
Zuständig für Meer und Schiffahrt?

Viele, zahlreiche Dämonen und Geister der Unterwelt
Schutz durch Amulette, erforderlich, auch Toten in die Gräber gegeben

Ägyptische Einflüsse vor allem Bes
Klein, dick, hockend, hässlich, Federkrone
Andere: Isis, Osiris
Wahrscheinlich über Ostphönikien

In der Frühzeit, 5./4. Jahrhundert relativ stark in Karthago, teilweise in Kolonien Unterschiede
Bes:             Íbiza
Spanien:      Melqart
Sizilien:        Astarte

Onomastik (individuelle Personennamen)
Personennamen haben eine Bedeutung, oft Bezug zu einer Gottheit, theophore Namen (bergen Namen eines Gottes)
Hannibal                                 Gnade des Baal
Hasdrubal                                Hilfe des Baal
Bat Baal                                  Tochter des Baal
Gr-Baal                                   Schützling des Baal
Abd Melqart/Hamilkar            Diener/Sklave des Melqart
Abd Eschmun








Mythologie/Göttergeschichten
Wenig Informationen
Welt der Göttersagen wahrscheinlich sehr wenig entwickelt
Götter im Prinzip übermenschlich (Herr/in)
Daher keine menschlichen Bindungen
Ursprünglich von Gestirnen abgeleitet (Sonne/Mond)
Griechenland: ausufernde Göttergenealogie
Orient: keine Bedeutung, lieben/hassen nicht wie Menschen, keine Bindungen, aus diesen Gründen wenig Mythologien
Römische Götter weniger menschliche Züge als griechische, daher wenig römische Mythologie, viel aus Griechenland kopiert

Stärker im Orient und karthagischen Bereich:
Ursprünglich keine bildliche Darstellung
Später griechische Einflüsse
Darstellung der Götter in der punischen Welt durch Idole und Symbole, oft nicht menschlich
Baithylos/Baithylion
Heiliger Steinpfeiler, Symbol für Darstellung der Gottheit, bis zu drei Steinpfeilern nebeneinander (Stele aus Lilybaeum links oben auf dem Handout)
Flaschenidol (Mozia Handout oben rechts), wahrscheinlich Weiterentwicklung eines einfachen Steinpfeilers
Symbolisieren eine (bestimmte?) Gottheit
Sonne + Mondsichel symbolisieren Tanit
Später anthropomorphe Darstellungen
Großplastische Kult/Weihestatuen in Heiligtümern selten, in Karthago noch nicht belegt (Grabungssituation!), in Kolonien besser
Gottheit auf Thron mit Flügeln an der Seite, sitzende männliche Gottheit
Häufiger kleine anthropomorphe Darstellungen
Darstellung aus Mozia, Handout oben Mitte
Wahrscheinlich griechischer Einfluss auf Sizilien (Anthropomorphe Darstellung)

PriesterInnen
Besonderer Draht zur Gottheit
Korrekte Durchführung der Riten und Opferhandlungen im Tempel
Große relevante Opfer in der Öffentlichkeit
Große Anzahl an Priestern
Für männliche Gottheiten Priester, für weibliche auch Priesterinnen
Hierarchie unter den Ämtern:
Oberpriester – Priester – Priestergehilfe – Begleitpersonal (Schreiber…) – TempelsklavInnen
Manche Ämter in bestimmten Familien erblich
Oligarchie: Obere Priesterämter in den Händen der Aristokratie

Divination = Zeichen des Göttlichen Willens = Wahrsagen
Traumdeutung, Eingeweideschau (KONTROLLIEREN IM HUSS HAW)

Silius Italicus, 1. Jahrhundert n. Chr.
Beschreibung eines Melqartpriesters von Gadir
Punica 3,23 – 28
Haare geschoren
Bart verboten
Barfuß gehen (Schuhe stören Verbindung zur Erde)
Beim Opfer Ledertunika tragend, ungegürtet (Knoten stören Strömungen im Körper)
Keuschheit

Stele aus Lilybaeum links oben im Handout, als Priester gedeutet, da Kulthandlung dargestellt
Heroldsstab aus Griechenland übernommen (ganz links im Bild)
Zeichen des Hermes/Merkur, in Karthago Gottheit unklar
Ganz oben auf der Stele Sonne und Mond (auf Stelen häufig)
Inschrift Votivinschrift für Baal Hammon
Weihender, Name des Vaters und Großvaters

Handout rechts unten: Stele aus Karthago
Keine lange Tunika

Opfer zentral in kultischen Zerremonien
Unblutige Opfer
Blutige Opfer
Zu:
Früchte, Milch, Öl, Mehl, Weihrauch/Räucheropfer, Opfer eigener Haare zugunsten der eigenen Person
Höherer Stellenwert für wichtige Sache
Meist Blut von Tieropfern: vor allem Stiere, Schafe, Lämmer: häufiger im punischen Bereich Vögel, für Tieropfer so genannte Tarife (Gebührenverordnungen: bei Opferhandlungen, wie Aufteilung des Opfers z. B. wer erhält rechten Fuß, linkes Knie, wie viel zu zahlen für Dienstleistung…, äußerst detailliert), 4./3. Jahrhundert Geld … der Priester an Gläubigen, richtet sich nach dem Opfer (Stier, Lamm..), berühmt: Opfertarif von Massalía/Marseille auf Stein, Stier- und Vogelopfer, wahrscheinlich aus Karthago selbst, in Marseille gefunden, Opfer fundamentale Verpflichtung gegen Gott, Arme dürfen alles behalten, da sie nicht ausgeschlossen werden dürfen, soziale Einstellung, Tarife Anlaßgesetzgebung: Priester neigten dazu, sich zu bereichern Massalia
Menschenopfer, höchste Form des Opfers an eine Gottheit, in Antike nicht unbekannt (Frühzeit Griechenlandes und Italiens), dort wahrscheinlich seltener als im phönikisch-punischen Bereich. Opferung von
aa) Erwachsenen: Hauptsächlich Opferung von Kriegsgefangenen im Rahmen großer öffentlicher Zeremonien als Dank an Gottheit für einen Sieg, Gefangene in großer Zahl von Griechenland, überliefert 409 über Himera-Eroberung 3.000 griechische Gefangene den Göttern zum Dank geopfert, besonders große und schöne Gefangene, keine karthagische Eigenart (Römer, in Etrurien 2 – 300,) gallische Gefangene in Rom, häufiger in phönikisch-punischer Welt , nach Sieg (KONTROLLIEREN, ob KRIEG) oder Notlage
bb) Kindern, Kinderopfer das am meisten diskutierte Kapitel in der karthagischen Welt, je wertvoller Opfer, da die eigenen Kinder das Wertvollste sind, das es gibt), desto wohlwollender wird Gottheit sein, Lämmer möglicher Ersatz, aber weniger wertvoll. Punischer Begriff wahrscheinlich molk, wird zum Moloch in der Bibel, der alles verschlingt, alter orientalischer Brauch, in Kanaan (Buch der Könige, Jeremia)
in Karthago offenbar während der gesamten historischen Epoche erhalten
in großen Krisenzeiten (Krieg, Hungersnot, Seuchen…)
soll Zorn der Götter auf die Gemeinschaft besänftigen
meist an Baal Hammon, vielleicht auch Tanit
in antiker Literatur (Diodor, Plutarch, Ennius, Silius Italicus)
Aristokratische Oberschicht ist verpflichtet, physisch einwandfreie Söhne im Säuglings- und Kleinkindalter zu opfern
In der Nacht Kinder unter eine Bronzestatue mit Armen ins Feuer gelegt
Möglicherweise Kind vorher getötet
Handout Text des Diodor (damals Karthago längst zerstört)
Nicht einwandfreie Opfergaben sind wertlos
Sitte der Kinderopfer in Griechenland und Rom nicht mehr praktiziert
Griechenland: Trojanischer Krieg: Opferung der Iphigenie, Tochter des Agamemnon

Tóphet, Begriff aus der Archäologie und der Bibel, semitisches Wort (Feuerstelle/grube)
Heiligtum
Keine Gebäude
Opferstelle für Kinderopfer in Kanaan/Phönikien, laut Jeremia in Israel
Modern: Eigenart im punischen Bereich im Umfeld punischer Städte, Urnen mit Knochen von Kleinkindern und Lämmern
Karthagische Bezeichnung dafür qideš/qodeš
Dort auch viele Säulen und Votivstelen
Heiliger Bereich für Baal Hammon und Tanit